Fragen und Antworten zur Bilanz der Nationalbank
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Die Bilanz der Nationalbank ist in erster Linie das Spiegelbild ihrer geld- und währungspolitischen Aktivitäten. Sie resultiert aus der Wahrnehmung des Auftrags, die Preisstabilität zu gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen (siehe Fragen und Antworten zur geldpolitischen Strategie). Die Operationen, welche die Nationalbank zur Erfüllung ihres Auftrags durchführt, wirken sich auf die Höhe und Zusammensetzung der Aktiven und Passiven aus. Sie können somit einen grossen Einfluss auf die Entwicklung der Bilanz der Nationalbank ausüben.
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Die Nationalbank ist gemäss Nationalbankgesetz (NBG) eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft. Die aktienrechtlichen Vorschriften des Obligationenrechts gelten auch für die Nationalbank, soweit das NBG nichts anderes bestimmt. Die Jahresrechnung der Nationalbank besteht aus der Erfolgsrechnung, der Bilanz und dem Anhang. Sie wird nach den Vorschriften des Obligationenrechts sowie nach allgemein anerkannten Grundsätzen der Rechnungslegung und entsprechend den spezifischen Anforderungen der Nationalbank als Zentralbank erstellt. Daneben muss die Nationalbank auch Vorschriften der Schweizer Börse einhalten, da ihre Aktien dort kotiert sind.
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Die Nationalbank publiziert einen detaillierten Jahresabschluss in ihrem Geschäftsbericht und legt vierteljährlich einen Zwischenbericht (Quartalsabschluss) ab. Darüber hinaus veröffentlicht sie monatlich auf ihrem Datenportal die Bilanzpositionen.
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Die Nationalbank wendet in der Regel die auch für andere kotierte Unternehmen üblichen Bewertungsgrundsätze an (Marktpreisbewertung) und weist Aktiven und Passiven in Franken aus. Im Geschäftsbericht sind die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze detailliert dargestellt.
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Die Aktiven der Nationalbank bestehen im Wesentlichen aus den Währungsreserven sowie zu einem sehr kleinen Teil aus Aktiven in Franken. Der grösste Teil der Aktiven der Nationalbank erfüllt wichtige geld- und währungspolitische Funktionen, namentlich die Devisenanlagen und die Forderungen aus Repogeschäften in Franken. Die Höhe und Zusammensetzung der Aktiven wird daher durch die geltende Währungsordnung und die Bedürfnisse der Geldpolitik bestimmt. Darüber hinaus können auch besondere Massnahmen die Zusammensetzung der Aktiven beeinflussen. Beispiele sind die Darlehen unter der SNB-COVID-19-Refinanzierungsfazilität, die Darlehen an die Credit Suisse unter Notrecht, basierend auf der Notverordnung des Bundesrats vom 16. März 2023 (siehe Fragen und Antworten zum Repogeschäft und zu anderen geldpolitischen Instrumenten) und die USD-Repogeschäfte im Rahmen des Swapabkommens mit anderen Zentralbanken zur Stärkung der globalen Liquidität in US-Dollar (siehe Fragen und Antworten zu den Devisenswaps mit anderen Zentralbanken). Diese Massnahmen führten dazu, dass auf der Aktivseite der SNB-Bilanz zusätzlich die Positionen "gedeckte Darlehen und Darlehen aus Notrecht" und "Forderungen aus Repogeschäften in US-Dollar" erscheinen.
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Einen wesentlichen Anteil machen die Devisenreserven aus. Diese setzen sich wiederum zusammen aus Anleihen, Aktien und Guthaben bei Zentralbanken und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ in Fremdwährungen. Wie von Artikel 99 der Bundesverfassung vorgegeben, hält die Nationalbank einen Teil ihrer Währungsreserven auch in Gold. Zudem gehören die Reserveposition sowie die Sonderziehungsrechte beim Internationalen Währungsfonds (IWF) zu den Währungsreserven.
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Ja. Die Bundesverfassung legt fest, dass die Nationalbank aus ihren Erträgen ausreichende Währungsreserven zu bilden hat. Das NBG konkretisiert dies: Die Nationalbank hat Rückstellungen zu bilden, die es erlauben, die Währungsreserven in der geld- und währungspolitisch erforderlichen Höhe zu halten. Dabei hat sie sich an der Entwicklung der schweizerischen Volkswirtschaft zu orientieren (Art. 30 Abs. 1 NBG).
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Zentralbanken brauchen Währungsreserven, um jederzeit über geld- und währungspolitischen Handlungsspielraum zu verfügen. Überdies stärken Währungsreserven das Vertrauen in die Währung und dienen der Vorbeugung und Überwindung allfälliger Krisen.
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Eine Zentralbank muss unter Umständen ihre Währungsreserven einsetzen, um beispielsweise einer starken und ungerechtfertigten Abwertung der eigenen Währung entgegenzuwirken. So kann sie einen Wertzerfall und die damit verbundene Inflationsgefahr bekämpfen. In einem kleinen Land wie der Schweiz mit einem international bedeutenden Finanzplatz sind Währungsreserven zudem für das Vertrauen wichtig. Hinreichende Währungsreserven signalisieren, dass die Nationalbank in der Lage wäre, aus eigener Kraft auch weitreichende Massnahmen zu ergreifen, um beispielsweise Krisen im Finanzsystem zu überwinden.
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Grundsätzlich bildet die Nationalbank Währungsreserven aus ihren Erträgen. Deshalb schüttet sie nicht ihr gesamtes Jahresergebnis aus. Ein Teil davon wird zurückbehalten und den Rückstellungen für Währungsreserven und damit dem Eigenkapital zugewiesen (siehe Fragen und Antworten zu Eigenkapital und Gewinnverwendung). Zurückbehaltene Erträge erhöhen den Bestand an Währungsreserven. Währungsreserven können aber auch gebildet werden, ohne dass sich das Eigenkapital erhöht, nämlich durch das Schaffen von Notenbankgeld.
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Die Höhe der Währungsreserven wird seit einigen Jahren wesentlich von der Umsetzung der Geldpolitik bestimmt. Ab 2009 spielten Devisenkäufe zur Bekämpfung einer übermässigen Aufwertung des Frankens eine wesentliche Rolle, wodurch zusätzliches Notenbankgeld geschaffen wurde. Sind Devisenkäufe der Nationalbank nötig, nehmen die Devisenreserven zu, und damit auch die Währungsreserven und die Bilanzsumme. In den letzten Jahren bis und mit 2021 waren Devisenkäufe in teilweise grossem Umfang nötig. Das führte zu einer Vervielfachung der Bilanzsumme und der Devisenreserven. In der Folge hat das Wachstum der Rückstellungen für Währungsreserven und somit auch des Eigenkapitals mit dem Wachstum der Währungsreserven nicht mehr Schritt halten können. Im Jahr 2022 fanden aufgrund der veränderten monetären Situation erstmals wieder Nettoverkäufe von Fremdwährungen statt.
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Nein. Veränderungen bei den Devisenreserven müssen nicht zwingend auf Käufe oder Verkäufe zurückzuführen sein. Auch Schwankungen der Wechselkurse und Kursveränderungen bei Aktien und Obligationen spielen eine Rolle.
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Die Passiven der Nationalbank bestehen im Wesentlichen aus dem Notenumlauf, den Sichtguthaben bei der Nationalbank, den Verbindlichkeiten aus Repogeschäften in Franken, eigenen Schuldverschreibungen (SNB Bills), den Verbindlichkeiten in Fremdwährung sowie dem Eigenkapital. Der grösste Teil der Passiven widerspiegelt direkt die Umsetzung der Geldpolitik der Nationalbank, nämlich die Zuführung oder Abschöpfung von Liquidität am Geldmarkt. Dadurch beeinflusst die Nationalbank das Zinsniveau. In den letzten Jahren bis und mit 2021 wurde die Liquiditätsversorgung in erster Linie mit Devisenkäufen umgesetzt, mit denen die Nationalbank dem Aufwertungsdruck auf den Franken entgegenwirkte. Mit dem Kauf von Devisen gegen Franken ist dem Geldmarkt viel Liquidität zugeführt worden, was sich auf der Passivseite in einem starken Anstieg der Sichtguthaben niederschlug. Aufgrund der veränderten monetären Situation hat die Nationalbank im September 2022 damit begonnen, die Sichtguthaben durch Offenmarktoperationen wieder zu reduzieren. Mittels liquiditätsabschöpfender Repogeschäfte und der Emission von kurzfristigen Schuldverschreibungen der Nationalbank (SNB Bills) werden Sichtguthaben und damit das Liquiditätsangebot am Geldmarkt reduziert.
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Das Total der Sichtguthaben bei der Nationalbank umfasst als grössten Posten die Girokonten inländischer Banken. Diese Sichtkonten bilden die Grundlage für die Steuerung der Liquidität am Frankengeldmarkt durch die Nationalbank. Zudem dienen sie der Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in der Schweiz. Weiter gehören die Verbindlichkeiten gegenüber dem Bund, die Girokonten ausländischer Banken und Institutionen sowie die übrigen Sichtverbindlichkeiten dazu. Diese wiederum setzen sich hauptsächlich aus den Girokonten der Nichtbanken (Clearingstellen, Versicherungen usw.) zusammen.
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Sichtguthaben bei der Nationalbank - wie auch die von ihr in Verkehr gesetzten Banknoten - können ökonomisch nicht dem Fremdkapital von normalen Unternehmen oder Geschäftsbanken gleichgesetzt werden. Denn Sichtguthaben und Banknoten können bei der SNB selbst nur in andere gesetzliche Zahlungsmittel getauscht werden, also wiederum in Sichtguthaben oder in Banknoten. Zudem gibt es auch kein Verfall- oder Rückzahlungsdatum, und die Höhe kann grundsätzlich von der Nationalbank bestimmt werden.