Erläuterungen zur Schweizer Geldpolitik

Thomas Jordan, Präsident des Direktoriums

108. ordentliche Generalversammlung der Aktionäre der Schweizerischen Nationalbank, Bern, 29.04.2016

Die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ist darauf ausgerichtet, den Druck auf den Franken zu verringern. Seit der Aufhebung des Mindestkurses im Januar 2015 beruht sie auf zwei Pfeilern: dem Negativzins von minus 0,75% auf Sichtguthaben bei der SNB und der Bereitschaft, bei Bedarf am Devisenmarkt zu intervenieren. Die SNB unterstützt damit die Schweizer Wirtschaft. Diese ist 2015 um 0,9% gewachsen, was angesichts der weiterhin schwachen internationalen Konjunktur positiv zu werten ist.

Die Inflationsrate ist nach wie vor negativ. Das ist auf die Aufwertung des Frankens und die Reduktion der Rohstoffpreise zurückzuführen. Eine kleine offene Volkswirtschaft wie die Schweiz ist immer wieder starken Einflüssen von aussen ausgesetzt, welche die Geldpolitik nicht jederzeit vollumfänglich wettmachen kann. 2017 dürfte die Inflationsrate wieder positiv werden und damit in den Bereich der Preisstabilität zurückkehren.

Das starke Bilanzwachstum der SNB seit 2008 hat die Idee beflügelt, einen Staatsfonds zu schaffen, der die Devisenreserven der SNB bewirtschaftet. Diese Idee ist aus mehreren Gründen abzulehnen. Erstens wurden die Devisenreserven durch die SNB gekauft, indem mehr Franken in Umlauf gebracht wurden. Eine solche Ausdehnung der Geldmenge schafft aber keine realen Werte. Die SNB kann die Devisen nicht ohne Gegenleistung übertragen. Daher müsste der Staatsfonds der SNB die Devisenreserven abkaufen. Zweitens würde ein Staatsfonds die Führung der Geldpolitik nicht erleichtern, sondern erschweren, wenn in der Zukunft die Geldmenge wieder abgebaut werden müsste. Drittens könnte ein Staatsfonds höhere Erträge nur unter Inkaufnahme grösserer Risiken erzielen, und die Renditeschwankungen würden dadurch noch grösser werden.

Die SNB teilt die Bedenken des Bundesrates in Bezug auf die Vollgeldinitiative. Diese fordert eine radikale Umgestaltung des Finanzsystems und verspricht sich davon insbesondere stabilere Banken. Dies wäre ein Experiment ohne Vergleichswerte aus anderen Ländern. Eine bessere Kapitalisierung der Banken, wie sie die SNB unterstützt hat, trägt wesentlich mehr zu einem stabileren Finanzsystem bei. Bei einer Annahme der Initiative würde die SNB ausserdem zum Spielball politischer Interessen, weil sie neues Geld direkt an den Staat oder die Haushalte gratis verteilen müsste.