Der Euro und die schweizerische Geldpolitik

Thomas Jordan, Präsident des Direktoriums

Europa Forum, Luzern, 02.05.2016

Die EU und insbesondere die Länder der Eurozone sind die weitaus wichtigsten Handelspartner der Schweiz. Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank ist deshalb für unser Land von speziellem Interesse. In den letzten Jahren hat ihre expansive Geldpolitik die wirtschaftliche Erholung in der Eurozone und damit die Nachfrage nach Schweizer Produkten gestützt. Die Abschwächung des Euros hat die Schweizer Produzenten im Vergleich zu ihren europäischen Konkurrenten aber auch in eine schwierigere Lage gebracht und der Schweizer Geldpolitik Probleme bereitet.

Trotz der engen wirtschaftlichen Verflechtung war die Einführung des Euros in der Schweiz kaum je ein Thema. Die Schweiz entschied sich nach dem Zusammenbruch des Währungssystems von Bretton Woods grundsätzlich für flexible Wechselkurse - ein Entscheid, der sich langfristig als richtig herausgestellt hat. Flexible Wechselkurse können allerdings mitunter beträchtlich schwanken. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat deshalb zweimal in den letzten vierzig Jahren vorübergehend eine Wechselkursuntergrenze eingeführt, um massive Aufwertungen des Frankens zu stoppen, zuerst im Oktober 1978 gegenüber der Deutschen Mark und zuletzt im September 2011 gegenüber dem Euro. Ein Mindestkurs ist als dauerhaftes Instrument nicht geeignet, doch kann er in einer Phase extremer Verunsicherung, in der die eigene Währung gegenüber allen anderen Währungen klar überbewertet ist, den Märkten eine Leitplanke setzen und dazu beitragen, dass die monetären Bedingungen angemessen bleiben.

Die Nationalbank hat den Mindestkurs zum Euro im Januar 2015 aufgehoben. Gleichzeitig senkte sie den Zins auf Sichtguthaben bei der SNB weiter in den negativen Bereich und bekräftigte ihre Bereitschaft, nötigenfalls am Devisenmarkt aktiv zu werden. Sie hilft damit, die Preisentwicklung zu stabilisieren und die Wirtschaftsaktivität zu unterstützen. Die Nationalbank wird den Spielraum, den ihr die monetäre Souveränität bietet, auch in Zukunft nutzen, um pragmatisch auf Herausforderungen zu reagieren. Geldpolitik kann jedoch nicht alles erreichen, insbesondere keine Strukturprobleme lösen. Es ist deshalb wichtig, dass die Unternehmen weiterhin mit hoher Flexibilität agieren und die allgemeine Wirtschaftspolitik für gute Rahmenbedingungen sorgt.