Braucht die Schweizerische Nationalbank Eigenkapital?
Zusammenfassung
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) musste 2010 und im ersten Halbjahr 2011 als Folge der Frankenstärke bzw. der Bewertungsveränderungen auf ihren Devisenbeständen grosse Verluste schreiben und daher einen massiven Eigenkapitalschwund hinnehmen. Es ist verständlich, dass in einer solchen Situation in der Öffentlichkeit besorgte Stimmen laut werden. Dabei werden oft folgende Fragen gestellt: Kann die Nationalbank durch negatives Eigenkapital ihre Handlungsfähigkeit verlieren? Oder müsste die SNB im Fall von negativem Eigenkapital rekapitalisiert werden oder gar ihre Bilanz deponieren? Die kurze Antwort auf diese Fragen lautet nein, denn die Nationalbank ist nicht mit einer Geschäftsbank oder einem anderen privaten Unternehmen vergleichbar. Zum einen kann eine Zentralbank nicht illiquid werden. Dies hat zur Folge, dass sie nicht in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist, wenn ihr Eigenkapital negativ wird. Sie wird auch nicht wie andere Unternehmen dazu gezwungen, Sanierungsmassnahmen einzuleiten oder ihre Bilanz zu deponieren. Zum anderen hat eine Zentralbank aufgrund ihres Notenmonopols gegenüber privaten Unternehmen einen Finanzierungsvorteil und erzielt langfristig Ertragsüberschüsse. Eine Zentralbank wie die SNB kann darum nach Verlusten über die Zeit im Normalfall von selber Eigenkapital aufbauen.Trotzdem ist ein lang anhaltender Zustand von negativem Eigenkapital auch für eine Zentralbank nicht unproblematisch, weil er langfristig ihre Glaubwürdigkeit und ihre Unabhängigkeit gefährden kann. Deshalb ist es für die SNB zentral, eine ausreichende Eigenkapitaldecke zu halten. Um sicherzustellen, dass die SNB ihr geldpolitisches Mandat im Gesamtinteresse des Landes auch auf lange Sicht uneingeschränkt wahrnehmen kann, ist es also unabdingbar, die Kapitalbasis wieder ausreichend zu stärken. Dafür müssen entsprechende Gewinne erwirtschaftet und zurückbehalten werden. Langfristig profitiert davon die ganze Volkswirtschaft.