Darum schadet Vollgeld der Schweiz

3. Mai 2018
Schweizerisches Institut für Banken und Finanzen der Universität St. Gallen (s/bf-HSG), Zürich

Zusammenfassung

Die vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der jüngsten Finanzkrise lancierte Vollgeldinitiative gelangt am 10. Juni 2018 zur Abstimmung. Die Initiative weckt unrealistische Erwartungen; eine Annahme durch Volk und Stände hätte gravierende Auswirkungen auf die Schweiz und würde zudem die Arbeit der Schweizerischen Nationalbank (SNB) erschweren. Die SNB lehnt die Initiative darum ebenso wie der Bundesrat und das Parlament klar ab. Mit der Verfassungsänderung streben die Initianten sicheres Geld und eine Entlastung der Steuerzahler an. Darüber hinaus soll die Geldschöpfung von der Kreditvergabe getrennt werden, weil sie in der Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken die Hauptursache für Finanzkrisen sehen.

Die Initianten erhoffen sich von Vollgeld mehr Finanzstabilität. Um das gesamtwirtschaftliche Risiko von Finanzkrisen zu limitieren, sind aber andere Ansätze weit wirkungsvoller als Vollgeld. Dazu gehören die in den letzten Jahren deutlich erhöhten Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen für Banken und makroprudenzielle Instrumente wie der antizyklische Kapitalpuffer. Auch das Versprechen der Initiative, die Bürger mittels "schuldfreier" Auszahlungen der SNB an Bund, Kantone oder an die Bevölkerung zu entlasten, kann nicht gehalten werden. Die SNB wird durch Vollgeld nicht zum Goldesel. Der Wohlstand der Schweiz wird durch die Leistung bestimmt, die in unserem Land erwirtschaftet wird, und nicht durch die Art der Geldschöpfung.

Die Vollgeldinitiative verspricht nicht nur zu viel, sie hätte auch schwerwiegende Auswirkungen auf die Schweiz. Das Vollgeld wäre wie Sand im Getriebe unseres Kreditwesens und träfe Kreditnehmer wie Sparer. Es würde den Konsum, die Investitionen und letztlich den Wohlstand in unserem Land mindern. Das Vollgeld würde auch die Umsetzung der Geldpolitik der SNB beeinträchtigen. Beispielsweise ist es fraglich, ob die Nationalbank in einem Vollgeldsystem so dezidiert auf die jüngste Finanzkrise hätte reagieren können, wie sie es getan hat. Auch ist die Initiative tückisch, da sie dem Staat und der SNB in der Kreditversorgung eine ordnungspolitisch nicht sinnvolle Verantwortung aufbürdet und Geld- und Fiskalpolitik vermischt. Die von der Initiative vorgesehenen "schuldfreien" Auszahlungen würden überdies die Nationalbank verpolitisieren und so die Gewährleistung der Preisstabilität erschweren.

Die Annahme der Initiative wäre eine tektonische Verschiebung unserer über lange Zeit gewachsenen und bewährten Geld- und Wirtschaftsordnung. Vollgeld ist ein unnötiges und gefährliches Experiment, das unserem Land grossen Schaden zufügen würde.

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Beteiligte Personen

  • Thomas Jordan
    Präsident des Direktoriums

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