Wie betrifft der Klimawandel die SNB?
Die Schweizerische Nationalbank sorgt für stabile Preise und trägt zur Stabilität des Finanzsystems bei. Dabei berücksichtigt sie auch mögliche Folgen des Klimawandels.
Der Klimawandel kann sowohl direkte als auch indirekte Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Finanzmärkte haben. Für die Nationalbank ist es wichtig zu verstehen, wie sich der Klimawandel auf die Erfüllung ihres Mandats auswirkt. Deshalb befasst sie sich mit den Risiken des Klimawandels. Diese lassen sich in zwei Arten unterteilen: physische und transitorische Risiken.
Unter physischen Risiken versteht man zum Beispiel Schäden an Produktionsstätten, an der Infrastruktur oder auch Ernteausfälle, die durch extreme Wetter- oder Naturereignisse verursacht werden. Je häufiger solche Ereignisse auftreten und je stärker sie ausfallen, umso stärker werden Produktion und Lieferketten beeinträchtigt. Auf eine längere Frist kann ein Temperaturanstieg zudem zu strukturellen Veränderungen in verschiedenen Wirtschaftssektoren wie dem Tourismus führen sowie die Produktivität und das Wirtschaftswachstum beeinflussen.
Demgegenüber bezeichnen die transitorischen Risiken die Unsicherheiten, mit denen die Wirtschaftsakteure durch den angestrebten Übergang in eine CO2-arme Welt konfrontiert sind. Beispiele hierfür sind sich ändernde Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten infolge des Klimawandels, neue Abgaben und Steuern wie CO2-Steuern, die Unternehmen und Haushalte belasten, neue Gesetze, die das Geschäftsmodell von Unternehmen beeinträchtigen und das Risiko von Unternehmen, den technologischen Anschluss zu verlieren.
Die genannten Entwicklungen und Zusammenhänge sind für die Nationalbank insbesondere in dreierlei Hinsicht relevant: für ihr Mandat, Preisstabilität zu gewährleisten, ihre Aufgabe, zur Stabilität des Finanzsystems beizutragen sowie im Rahmen der Verwaltung der Währungsreserven.
Klimarisiken und Preisstabilität
Kommt es zu einer Einschränkung des Angebots, weil wichtige Lieferketten oder Produktionskapazitäten durch ein Naturereignis beeinträchtigt wurden, kann dies die Preise der betroffenen Waren beeinflussen. Auch politische Massnahmen, die den Übergang in eine kohlenstoffarme Wirtschaft begünstigen sollen wie insbesondere Steuern, können sich auf Preise von Gütern und Dienstleistungen auswirken. Besonders wahrscheinlich sind solche Massnahmen im Energiesektor oder bei Waren und Dienstleistungen, deren Herstellung und Nutzung einen hohen Energieverbrauch bedingt. Im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags analysiert die Nationalbank derartige Auswirkungen auf die Inflation und beurteilt die Folgen, die sich daraus für die Geldpolitik ergeben können.
Klimarisiken und Finanzstabilität
Der Klimawandel könnte das traditionelle Kerngeschäft der Banken in Mitleidenschaft ziehen und damit Risiken für die Finanzstabilität beinhalten. Einerseits können die Auswirkungen des Klimawandels zu Abschreibungen auf Kredite an Unternehmen und Privathaushalte führen. Andererseits können Bewertungskorrekturen an den Aktien- und Anleihenmärkten zu Handelsverlusten und zu einer sinkenden Ertragsbasis führen. Auslöser können wie oben beschrieben akute Wetterereignisse wie Stürme oder Überschwemmungen sein, die Schäden an Gebäuden oder der Infrastruktur verursachen. Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft kann aber auch das Geschäftsmodell von Firmen oder ganzen Industriezweigen unrentabel machen.
Die Nationalbank überwacht klimabezogene Risiken für die Finanzstabilität und befindet sich dazu im Austausch mit der Finanzmarktaufsicht (FINMA), dem Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) und anderen Fachstellen. Konkret geht es dabei beispielsweise um die Auswirkungen des Klimawandels für Immobilien und damit für das Risiko von Hypotheken, da diese für inlandorientierte Banken die wichtigste Aktivposition darstellen. Ebenfalls relevant für die Finanzstabilität können die transitorischen Risiken in den Portfolios der Banken (Kredite, Aktien und Anleihen) sein.
Klimarisiken in den Anlagen der Nationalbank
Klimarisiken und Anpassungen der Klimapolitik können Marktschwankungen auslösen oder verstärken und die Attraktivität von Anlagen beeinflussen. Aus Anlagesicht unterscheiden sich solche Risiken nicht fundamental von anderen finanziellen Risiken. Die Nationalbank steuert die Risiken u.a. indem sie die Anlagen breit diversifiziert investiert. Mit diesem Investitionsansatz erreicht die SNB, dass ihre Unternehmensanleihen- und Aktienportfolios den unterschiedlichen Risiken ungefähr im gleichen Mass ausgesetzt sind wie die Gesamtheit der Unternehmen weltweit. Zudem spiegeln sich auch strukturelle Veränderungen der globalen Wirtschaft im Portfolio der SNB entsprechend wider.
Um die finanziellen Klimarisiken auf den Anlagen abzuschätzen, führt die SNB regelmässig Sensititvitätsberechnungen und Stresstests durch. Sie stützt sich dabei auf die Klimaszenarien des Network for Greening the Financial System (NGFS) ab.
Gut zu wissen
Die Nationalbank verfolgt die neuesten Entwicklungen und Erkenntnisse zum Klimawandel und tauscht sich zu diesem Zweck regelmässig mit anderen Zentralbanken und Institutionen sowie der Wissenschaft aus. Die SNB ist seit 2019 Mitglied des Network for Greening the Financial System (NGFS). Die Nationalbank beteiligt sich aktiv an den verschiedenen Arbeitsgruppen dieses Netzwerks von Zentralbanken und Aufsichtsbehörden. Hervorzuheben ist die Arbeitsgruppe zur Geldpolitik, in der es darum geht, die Auswirkungen von Klimarisiken auf zentrale volkswirtschaftliche Variablen wie Preise, Zinssätze und das Bruttoinlandprodukt besser beurteilen zu können. Daneben wirkt die SNB in den Arbeitsgruppen zur Entwicklung von Klimaszenarien für den Finanzsektor sowie von nachhaltigen Anlagepraktiken und von einer klimabezogenen Berichterstattung mit.
Klimastrategie und Transitionsplan für den Betrieb der Nationalbank
Für die Reduktion der eigenen Treibhausgasemissionen – etwa die Wärmeerzeugung in ihren Gebäuden – hat die Nationalbank hat einen Transitionsplan entwickelt. Mit diesem zeigt sie auf, wie betrieblichen Treibhausgasemissionen bis 2030 mindestens halbiert und bis spätestens 2050 systematisch auf Netto-Null reduziert werden können. Die Zielsetzungen orientieren sich an den Klimazielen der Schweiz sowie an international etablierten Standards. Damit die Ziele des Transitionsplans erreicht werden können, sollen Emissionsquellen mit technischen Massnahmen verringert oder durch den Einsatz von emissionsarmen Energieträgern substituiert werden.