Wieso verwaltet die SNB ein Milliardenvermögen und wie tut sie das?
Die Nationalbank verfügt über eine Bilanz im Wert von mehreren Hundert Milliarden Franken. Wieso ist die Bilanz so gross und worauf muss die SNB bei der Anlage ihres Vermögens achten?
Den grössten Teil der Aktiven der Nationalbank machen ihre Währungsreserven aus, die sie infolge der Umsetzung ihrer Geldpolitik hält. Diese bestehen im Wesentlichen aus Anleihen und Aktien in Fremdwährungen sowie aus Gold. Ebenfalls zu den Aktiven der Nationalbank zählen Frankenanleihen, die jedoch einen vergleichsweise kleinen Anteil ausmachen.
Warum ist die SNB-Bilanz so gross?
Im Zuge der Finanz- und Schuldenkrise entstand ab 2007 ein starker Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken, weil dieser bei internationalen Anlegern als «sicherer Hafen» gilt und entsprechend stark nachgefragt wurde. Um diesen Aufwertungsdruck zu dämpfen und damit einem weiteren Absinken der bereits sehr tiefen Inflation entgegenzuwirken, führte die SNB über etliche Jahre umfangreiche Devisenkäufe durch. Die dadurch bewirkte Abschwächung der Frankenaufwertung trug dazu bei, dass die Inflation nicht weiter negativ wurde. Durch die Käufe vergrösserte sich aber die Bilanz der SNB um ein Vielfaches: Hatten die Währungsreserven Ende 2007 noch 85 Mrd. Franken betragen, beliefen sie sich Ende 2021 auf 1015 Mrd. Franken.
Umgekehrt setzte die Nationalbank ihre Währungsreserven in den Jahren 2022 und 2023 ein, um einem erhöhten Inflationsdruck entgegenzuwirken. Indem die SNB Devisen verkaufte und dadurch die Nachfrage nach Franken erhöhte, liess sie eine gewisse Aufwertung des Frankens zu, was den Preisanstieg von importierten Waren und Dienstleistungen dämpfte und damit die Inflation reduzierte. Die Devisenverkäufe zur Gewährleistung der Preisstabilität trugen dazu bei, dass die Bilanzsumme der SNB in diesem Zeitraum zurückging. Die beiden Perioden zeigen, wie die Nationalbank ihre Bilanz unterschiedlich einsetzen kann, um die Preisstabilität zu gewährleisten.
Gut zu wissen
Die SNB ist nicht die einzige Zentralbank, deren Bilanzsumme seit der Finanz- und Schuldenkrise stark zugenommen hat. Die Bilanzsummen der amerikanischen Fed sowie der Europäischen Zentralbank (EZB) beispielsweise vervielfachten sich in diesem Zeitraum ebenfalls. Während die SNB Vermögenswerte in Fremdwährung kaufte, war das Bilanzwachstum bei der Fed und der EZB auf den Kauf von Vermögenswerten (insbesondere Anleihen) in der eigenen Währung zurückzuführen.
Wie legt die SNB ihr Vermögen konkret an?
Weil ihre Anlagen jederzeit für die Geld- und Währungspolitik zur Verfügung stehen müssen, achtet die Nationalbank darauf, dass ein grosser Teil davon in sehr liquiden Wertpapieren angelegt ist. Dies ermöglicht, dass auch grössere Käufe oder Verkäufe eines Wertpapiers getätigt werden können, ohne dadurch markante Preisbewegungen am Markt auszulösen. Konkret legt die SNB deshalb einen wesentlichen Teil ihrer Währungsreserven in ausländischen Staatsanleihen in Dollar, Euro und einer Reihe anderer Währungen an.
Darüber hinaus strebt die Nationalbank mit ihrer Anlagepolitik an, den langfristigen Wert ihrer Währungsreserven zu erhalten. Dieses Ziel wird zum einen durch eine breite Diversifikation der Währungen, der Schuldner und der Laufzeiten verfolgt. Zum anderen werden die Staatsanleihen mit Aktien und Unternehmensanleihen ergänzt, was ebenfalls der Diversifikation dient, vor allem aber auch das langfristige Rendite-Risiko-Verhältnis verbessert und den Aufwertungstrend des Frankens kompensieren soll.
Einen Teil ihrer Währungsreserven hält die Nationalbank in Gold. Sie ist dazu gemäss der Bundesverfassung verpflichtet, das Edelmetall trägt aber auch zur Diversifikation des Anlageportfolios bei. Der Goldbestand der SNB beträgt seit etlichen Jahren unverändert 1040 Tonnen Gold. Rund 70% werden in der Schweiz, rund 20% bei der Zentralbank von England und rund 10% bei der Zentralbank von Kanada aufbewahrt. Die dezentrale Lagerung der Goldbestände im In- und Ausland stellt sicher, dass die Nationalbank auch im Krisenfall über ihre Goldreserven verfügen kann.
In ihren Aktienportfolios hält die Nationalbank hauptsächlich Titel mittel- und grosskapitalisierter Unternehmen und zu einem kleinen Teil aus Aktien kleinkapitalisierter Unternehmen (Small Caps) aus Industrieländern sowie aus Aktien aus Schwellenländern. Die Nationalbank orientiert sich bei ihren Aktienanlagen an marktgewichteten Indizes und betreibt somit keine Titelselektion. Das Prinzip der breiten Marktabbildung stellt sicher, dass das Portfolio den unterschiedlichen Risiken ungefähr im selben Mass ausgesetzt ist wie die Gesamtheit der global kotierten Unternehmen und dass sich strukturelle Veränderungen der globalen Wirtschaft auch im Portfolio der SNB widerspiegeln.
Die SNB bewirtschaftet den grössten Teil ihrer Anlagen intern. Externe Vermögensverwalter werden zu Vergleichszwecken mit dem internen Portfoliomanagement und zur effizienten Erschliessung neuer Anlageklassen eingesetzt.
Gut zu wissen
Neben den beschriebenen Prinzipien befolgt die Nationalbank weitere Regeln bei der Verwaltung ihrer Aktiven. So verzichtet sie aufgrund ihrer speziellen Rolle als Zentralbank auf Investitionen in Aktien von systemrelevanten Banken weltweit. Dadurch wird verhindert, dass privilegierte Informationen der Nationalbank in die Anlagetätigkeit einfliessen können und unerwünschte Signalwirkungen entstehen. Die SNB erwirbt in der Regel auch keine Aktien oder Anleihen von schweizerischen Unternehmen.
Zudem investiert die Nationalbank weder in Aktien noch in Anleihen von Unternehmen, deren Produkte oder Produktionsprozesse in grober Weise gegen gesellschaftlich breit anerkannte Werte verstossen. Sie erwirbt keine Wertschriften von Unternehmen, die grundlegende Menschenrechte massiv verletzen, systematisch gravierende Umweltschäden verursachen oder in die Produktion international geächteter Waffen involviert sind. Schliesslich sieht die SNB davon ab, Wechselkursrisiken bei ihren Anlagen gegenüber dem Franken abzusichern. Eine solche Absicherung würde eine Frankennachfrage darstellen und damit einen Aufwertungsdruck erzeugen.
Das Anlageergebnis ist für die Erfüllung des Mandats der SNB nicht relevant
Obwohl die Bilanz der Nationalbank gegenüber ihrem Höchstwert per Ende 2021 abgenommen hat, ist sie noch immer sehr gross. Dadurch besteht ein Potenzial für hohe Erträge, aber auch das Risiko grosser Verluste. Schwankungen der Wechselkurse und Kursveränderungen bei Aktien und Anleihen können das Anlageergebnis der Nationalbank stark beeinflussen, denn auch ein prozentual kleiner Gewinn oder Verlust entspricht bei einer grossen Bilanz einem hohen absoluten Frankenbetrag.
Entscheidend für die Beurteilung des Erfolgs der Nationalbank ist aber nicht ihr finanzielles Jahresergebnis. Die SNB ist einzig daran zu messen, ob sie ihr Mandat, die Preisstabilität zu gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen, erfüllt.