Fragen und Antworten zur Finanzstabilität
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Ein stabiles Finanzsystem zeichnet sich dadurch aus, dass seine einzelnen Teile - Banken, Finanzmärkte und Finanzmarktinfrastrukturen - ihre jeweilige Funktion erfüllen und sich gegenüber möglichen Schocks als widerstandsfähig erweisen. Finanzstabilität ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich eine Volkswirtschaft entfalten kann. Auch die Nationalbank ist auf funktionierende Finanzmärkte angewiesen, damit sie ihre Geldpolitik umsetzen kann.
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Die Nationalbank trägt gemäss Nationalbankgesetz zur Stabilität des Finanzsystems bei. Sie erfüllt diesen Auftrag, indem sie die Gefahrenquellen für das Finanzsystem analysiert und allfälligen Handlungsbedarf aufzeigt. Die Nationalbank wirkt auch auf internationaler Ebene, insbesondere im Rahmen der Arbeiten des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht, bei der Gestaltung und der Umsetzung der regulatorischen Rahmenbedingungen für den Finanzplatz mit. Ferner bezeichnet die Nationalbank die systemrelevanten Banken und nimmt im makroprudenziellen Bereich weitere Aufgaben wahr. Bei makroprudenziellen Massnahmen geht es um die Stärkung des Finanzsystems gegen Schocks und die Verhinderung des Aufbaus von systemischen Risiken. Die Nationalbank überwacht zudem die Finanzmarktinfrastrukturen, die systemisch bedeutsam sind, d.h., von denen Risiken für die Finanzstabilität ausgehen könnten. Im Fall einer Krise erfüllt sie ihren Auftrag dadurch, dass sie gegebenenfalls als Kreditgeberin in letzter Instanz (lender of last resort) auftritt. Nicht zuständig ist die Nationalbank dagegen für die Bankenaufsicht. Diese Kompetenz obliegt der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA.
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Die Nationalbank publiziert ihre Beurteilung der Stabilität des Schweizer Bankensektors im jährlichen Bericht zur Finanzstabilität. Darin konzentriert sie sich auf Trends, die auf den Ebenen des Bankensystems und der Finanzmärkte sowie im makroökonomischen Umfeld zu beobachten sind. Der Bericht dient der Nationalbank in erster Linie dazu, auf Spannungen oder Verwundbarkeiten hinzuweisen, die kurz- oder längerfristig ein Risiko für die Systemstabilität darstellen könnten. Ausserdem zeigt sie darin einen allfälligen Handlungsbedarf zur Reduktion dieses Risikos auf. Die Nationalbank analysiert im Bericht sowohl die Lage der global aktiven Schweizer Grossbanken als auch diejenige der inlandorientierten Kreditbanken. Daneben nimmt sie auch in Referaten immer wieder Stellung zu aktuellen Entwicklungen im Bereich der Finanzstabilität.
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Makroprudenzielle Massnahmen zielen darauf ab, die Stabilität des Finanzsystems zu erhöhen. Zum einen stärken sie die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems gegen Schocks, und zum anderen wirken sie dem Aufbau von systemischen Risiken entgegen. Makroprudenzielle Massnahmen nehmen nicht nur einzelne Finanzmarktteilnehmer, sondern den schweizerischen Bankensektor als Ganzes ins Visier. Ein wichtiges Beispiel für eine makroprudenzielle Massnahme ist der antizyklische Kapitalpuffer. Ein weiteres Beispiel sind die besonderen Anforderungen für systemrelevante Banken.
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Gelangt die Nationalbank aufgrund ihrer Analysen zum Schluss, dass eine Aktivierung, Anpassung oder Deaktivierung des Kapitalpuffers notwendig ist, stellt sie dem Bundesrat nach Konsultation der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA einen entsprechenden Antrag. Der Bundesrat fällt den Schlussentscheid. Mit der Vorschrift des antizyklischen Kapitalpuffers kann der Bundesrat von den Banken verlangen, dass diese vorsorglich mehr Eigenkapital halten müssen. Der Kapitalpuffer beträgt maximal 2,5% der gesamten risikogewichteten Aktiven einer Bank im Inland. Wird er aktiviert, werden die Banken verpflichtet, ihr Eigenkapital temporär und schrittweise aufzustocken. Der Kapitalpuffer bezweckt einerseits, die Widerstandskraft der Banken gegenüber zyklischen Risiken auf dem Kreditmarkt zu stärken. Andererseits kann er helfen, dem Aufbau dieser Risiken entgegenzuwirken. Der Kapitalpuffer kann auf den gesamten Kreditmarkt oder nur auf Teile davon, z.B. auf den Hypothekarmarkt, ausgerichtet werden. Die Massnahme steht in der Schweiz seit Juli 2012 zur Verfügung.
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Im Februar 2013 beschloss der Bundesrat erstmals, den sektoriellen, d.h. auf Hypothekarkredite zur Finanzierung von Wohnliegenschaften in der Schweiz ausgerichteten, antizyklischen Kapitalpuffer auf Antrag der Nationalbank zu aktivieren. Sodann gab der Bundesrat im Januar 2014 dem Antrag der Nationalbank statt, den Kapitalpuffer zu erhöhen. Ende März 2020 genehmigte der Bundesrat den Antrag der Nationalbank auf Deaktivierung des Kapitalpuffers, den diese gestellt hatte, um den Banken im Zusammenhang mit der Coronakrise den grösstmöglichen Spielraum bei der Kreditvergabe zu gewähren. Im Januar 2022 reaktivierte der Bundesrat den sektoriellen Kapitalpuffer auf Antrag der Nationalbank. Dies, weil die Gründe, die zur Deaktivierung geführt hatten, nicht mehr gegeben waren und sich gleichzeitig die Verwundbarkeiten am Hypothekar- und Wohnliegenschaftsmarkt seit der Deaktivierung erhöht hatten.
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Insbesondere inlandorientierte Banken weisen in ihrer Bilanz einen hohen Anteil an Hypothekardarlehen auf. Übertreibungen am Immobilienmarkt können somit nicht nur die Kreditnehmer, sondern auch Banken vor grosse Probleme stellen. Vor diesem Hintergrund bildet der Hypothekar- bzw. der Immobilienmarkt für die Finanzstabilität eine potenzielle Gefahrenquelle. Erfahrungen im In- und Ausland zeigen denn auch, dass Immobilienkrisen das Finanzsystem und letztlich die ganze Volkswirtschaft schwer beeinträchtigen können. Deshalb beobachtet die Nationalbank die Entwicklungen am Hypothekar- und Immobilienmarkt aufmerksam und wirkt auch bei regulatorischen Massnahmen mit, die zum Ziel haben, die entsprechenden Risiken zu reduzieren.
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Um die Risiken am Schweizer Hypothekar- und Immobilienmarkt zu reduzieren, sind die Eigenmittelanforderungen der Banken für Hypothekarkredite mit hohem Belehnungsgrad verschärft und die Selbstregulierungsrichtlinien der Banken für die Vergabe von Hypothekarkrediten verschiedentlich revidiert worden. Die jüngste Anpassung dieser Richtlinien erfolgte per Anfang 2020. Angesichts der Entwicklungen im Segment der Wohnrenditeliegenschaften in den letzten Jahren erhöhte die Schweizerische Bankiervereinigung dabei die Anforderung an die Belehnung und Amortisation bei neuen Hypotheken auf Wohnrenditeliegenschaften.
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Die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, einem ständigen Ausschuss der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), erlassene Basler Eigenkapitalvereinbarung verfolgt das Ziel, die Stabilität des internationalen Finanzsystems zu stärken und die Wettbewerbsgleichheit unter den Banken zu fördern. Die ursprüngliche Version der Basler Eigenkapitalvereinbarung (Basel I), bei der die Mindestdeckung von Kreditrisiken im Vordergrund stand, wurde 1988 verabschiedet. Die Eigenmittelvorschriften für Marktrisiken wurden 1996 hinzugefügt.
Die erste Revision (Basel II) erfolgte im Jahr 2004. Dabei wurden zum einen die Eigenmittelvorschriften auf operationelle Risiken ausgedehnt und insgesamt risikosensitiver ausgestaltet. Zum anderen wurden neben den minimalen Eigenmittelanforderungen zwei weitere Säulen errichtet: die aufsichtsrechtlichen Überprüfungsverfahren und die Offenlegungspflichten zur Stärkung der Marktdisziplin.
Die zweite Revision (Basel III) wurde im Nachgang zur globalen Finanzkrise von 2008 beschlossen und erfolgte in zwei Etappen. In einem ersten Schritt wurden im Jahr 2010 strengere und antizyklisch wirkende, risikobasierte Eigenkapitalanforderungen sowie eine Begrenzung der Verschuldung (nicht risikogewichtete Kapitalquote, Leverage Ratio) verabschiedet. Weiter wurden international abgestimmte Minimalvorschriften für die Liquidität beschlossen, bestehend aus der Quote für die kurzfristige Liquidität (Liquidity Coverage Ratio) und der strukturellen Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio).
Die zweite Etappe hat der Basler Ausschuss 2017 finalisiert. Das wesentliche Ziel dieser zuletzt beschlossenen Massnahmen ist die Stärkung der Glaubwürdigkeit der risikogewichteten Anforderungen. Hierzu schränkte der Ausschuss die Verwendung bankinterner Modelle ein und verbesserte die Risikosensitivität der vorgegebenen Standardansätze. Zudem gestaltete er die Untergrenze für modellbasierte Anforderungen neu aus und legte diese auf 72,5% der mit Standardansätzen bestimmten Anforderungen fest. Die Neuerungen treten per 1. Januar 2023 in Kraft, mit einer fünfjährigen Übergangszeit für die volle Anwendung der Untergrenze auf modellbasierten Anforderungen. Die nationalen Umsetzungen der vereinbarten Massnahmen hat sich jedoch in den vielen Jurisdiktionen verzögert. In der Schweiz ist die Umsetzung per 1. Januar 2025 geplant.
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Eine Bank oder Bankengruppe ist gemäss Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz) systemrelevant, wenn deren Ausfall die Schweizer Volkswirtschaft und das schweizerische Finanzsystem erheblich schädigen würde. Ein wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Systemrelevanz einer Bank oder Bankengruppe ist ihr Marktanteil im inländischen Kredit- und Einlagengeschäft. Andere Kriterien wie Grösse, Risikoprofil und Vernetzung werden bei einem Entscheid ebenfalls berücksichtigt. Das Bankengesetz erteilt der Nationalbank im Rahmen der Too-big-to-fail-Regulierung den Auftrag, die systemrelevanten Banken und deren systemrelevanten Funktionen zu bezeichnen. Dabei müssen die FINMA sowie die jeweilige systemrelevante Bank vorgängig angehört werden. Ende 2022 galten die Credit Suisse, die UBS, die ZKB, die Raiffeisen und die Postfinance als systemrelevant. Die Credit Suisse ist nach ihrer Übernahme durch die UBS im Juni 2023 aus dieser Liste ausgeschieden.
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Die Too-big-to-fail-Regulierung (TBTF) stellt an systemrelevante Banken besondere Anforderungen. Festgehalten sind diese im Bankengesetz, der Verordnung über die Banken und Sparkassen (Bankenverordnung), der Verordnung über die Eigenmittel und Risikoverteilung der Banken und Wertpapierhäuser (Eigenmittelverordnung) sowie der Verordnung über die Liquidität der Banken und Wertpapierhäuser (Liquiditätsverordnung). Ziel der Regulierung ist, die Too-big-to-fail-Problematik in der Schweiz zu verringern und damit die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, dass systemrelevante Banken im Krisenfall mit Steuergeldern gerettet werden müssen. Die TBTF-Regulierung umfasst Vorschriften im Bereich der Eigenmittel, der Liquidität, der Risikoverteilung sowie der Organisation. Letztere umfassen Massnahmen, die es erleichtern sollen, eine systemrelevante Bank im Krisenfall abzuwickeln. Die Schweizer Regulierung steht im Einklang mit internationalen Anforderungen des Financial Stability Board (FSB) - einem internationalen Gremium von Finanzministerien, Aufsichtsbehörden und Zentralbanken - und des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht.
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Ein grosser Teil der TBTF-Regulierung bezieht sich auf Anforderungen, die Banken im laufenden Betrieb (Going Concern) erfüllen müssen und zielt so darauf ab, einen Krisenfall zu verhindern. Doch da ein solcher nicht ausgeschlossen werden kann, sind auch Massnahmen zur Sanierung und geordneten Abwicklung (Resolution) für den Fall nötig, in dem der laufende Betrieb einer Bank nicht mehr aufrechterhalten werden kann (Gone Concern). Für die Planung und Durchführung der Resolution ist die FINMA zuständig. Wichtige Massnahmen im Bereich der Resolution beziehen sich auf die Verlusttragfähigkeit, die Liquidität (funding in resolution) und die Notfallplanung.
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Die Nationalbank kann in einer Krise als Kreditgeberin in letzter Instanz (lender of last resort) auftreten. Im Rahmen der ausserordentlichen Liquiditätshilfe kann sie dabei einer oder mehreren inländischen Banken Liquidität zur Verfügung stellen, wenn sich diese Institute nicht mehr am Markt refinanzieren können. Ausserordentliche Liquiditätshilfe wird nur geleistet, wenn die um einen Kredit nachsuchende Bank oder Bankengruppe für die Stabilität des Finanzsystems von Bedeutung und solvent ist. Zudem muss die Liquiditätshilfe jederzeit vollständig durch ausreichende Sicherheiten gedeckt sein.
Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Oktober 2008 beschlossen der Bundesrat, die Eidgenössische Bankenkommission EBK (Vorgängerin der FINMA) und die Nationalbank ein Massnahmenpaket, das dazu diente, die UBS zu stabilisieren und damit das Schweizer Finanzsystem zu stärken. Die Nationalbank beteiligte sich mit einem Stabilisierungsfonds (StabFund) an diesem Paket. Damit nahm sie ihre Rolle als Kreditgeberin in letzter Instanz wahr.
Im Zusammenhang mit der Krise bei der Credit Suisse hat die Nationalbank im März 2023 die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS mit der Bereitstellung von umfangreicher Liquiditätshilfe unterstützt. Neben den bestehenden Liquiditätshilfen der Nationalbank wurden mittels Notrecht zwei neue Instrumente eingesetzt, nämlich ELA+ und der Public Liquidity Backstop (PLB).
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ELA steht für Emergency Liquidity Assistance. Es handelt sich dabei um eine ausserordentliche Liquiditätshilfe, die die SNB in ihrer Funktion als Kreditgeberin in letzter Instanz (Lender of Last Resort) gewähren kann. Im Rahmen dieser ausserordentlichen Liquiditätshilfe kann sie einer inländischen Bank Liquidität zur Verfügung stellen, wenn diese sich nicht mehr am Markt refinanzieren kann. ELA kann nur an Banken vergeben werden, die für die Stabilität des Finanzsystems von Bedeutung sind. Die kreditersuchende Bank muss solvent sein und die Liquiditätshilfe muss jederzeit vollständig durch ausreichende Sicherheiten gedeckt sein. Die SNB bestimmt, welche Sicherheiten ausreichend sind. Zur Beurteilung der Solvenz einer Bank holt die SNB die Stellungnahme der FINMA ein.
Neben den bestehenden Liquiditätshilfen der SNB wurden im Zusammenhang mit der Krise bei der Credit Suisse im März 2023 mittels Notrecht zwei neue Instrumente eingesetzt, nämlich ELA+ und der Public Liquidity Backstop (PLB). Bei ELA+ handelt es sich um ein mit einem Konkursprivileg gesichertes Liquiditätshilfe-Darlehen. Der PLB ist ebenfalls ein mit Konkursprivileg gesichertes Liquiditätshilfe-Darlehen und verfügt zusätzlich über eine Ausfallgarantie des Bundes.
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Der Public Liquidity Backstop (PLB) ist eine staatliche Liquiditätssicherung. Diese kommt zum Tragen, wenn erstens die bankeigenen flüssigen Mittel nicht mehr ausreichen, um die finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen und zweitens auch die Möglichkeit der Nationalbank, gegen ausreichende Sicherheiten ausserordentliche Liquiditätshilfe zu leisten, erschöpft ist. Dann erlaubt der PLB, dass die Nationalbank weitere Liquidität bereitstellt, die vom Bund garantiert ist.
Im Zusammenhang mit der Krise bei der Credit Suisse hat der Bundesrat am 16. März 2023 die Grundlagen des PLB mittels Notrecht eingeführt. Diese Grundlagen sollen nun im Bankengesetz verankert werden.
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Der StabFund war eine von der Nationalbank gegründete Zweckgesellschaft, in die illiquide Aktiven der UBS eingebracht wurden. Die Nationalbank gewährte dem StabFund für die Übernahme dieser Aktiven ein Darlehen. Im November 2013 kaufte die UBS den Stabilisierungsfonds von der Nationalbank zurück.
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Der Fintech-Bereich ist sehr dynamisch. Die Entwicklungen betreffen in erster Linie die Art und Weise, wie Finanzdienstleistungen erbracht werden. Vor diesem Hintergrund können Fintech und Digitalisierung für die Finanzstabilität in verschiedener Hinsicht relevant sein, so z.B. im Zusammenhang mit dem Eintritt von neuen Marktakteuren (Digitalbanken, Big Tech Unternehmen), dem Aufkommen von neuen Geschäftsmodellen über Plattformen (Crowdfunding, Robo-Advisory), digitalen Währungen oder CBDC (digitale Zentralbankwährungen). Die SNB verfolgt diese Entwicklungen aufmerksam – mit dem Ziel, die aus Sicht ihres Mandats wichtigsten Entwicklungen frühzeitig zu erkennen. Sie nimmt hierzu auch in nationalen und internationalen Gremien und Arbeitsgruppen teil. Fintech hat momentan keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Finanzstabilität.
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Zu den Finanzmarktinfrastrukturen, von denen Risiken für die Stabilität des Finanzsystems ausgehen können, zählen in der Schweiz das Zahlungssystem Swiss Interbank Clearing (SIC), der Zentralverwahrer SIX SIS und die zentrale Gegenpartei SIX x-clear. Betrieben werden sie von der SIX Group bzw. deren Tochtergesellschaften SIX Interbank Clearing AG, SIX SIS AG und SIX x-clear AG. Für die Stabilität des schweizerischen Finanzsystems ebenfalls bedeutsam sind das Devisenabwicklungssystem Continuous Linked Settlement (CLS) sowie die zentralen Gegenparteien Eurex Clearing und London Clearing House (LCH). Die Betreiber dieser Finanzmarktinfrastrukturen sind in den USA, bzw. in Deutschland und in Grossbritannien ansässig.
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Das Nationalbankgesetz beauftragt die Nationalbank damit, solche Finanzmarktinfrastrukturen zu überwachen. Mit der Überwachung der Einhaltung der in der Nationalbankverordnung festgelegten besonderen Anforderungen durch privatwirtschaftlich betriebene Finanzmarktinfrastrukturen fördert die Nationalbank deren Sicherheit. Dabei steht die Reduktion der systemischen Risiken im Vordergrund. Zum einen gilt es zu verhindern, dass ein technisch bedingter Ausfall z.B. aufgrund von Cyberattacken oder finanzielle Schwierigkeiten der Betreiber dieser Finanzmarktinfrastrukturen zu schwerwiegenden Kredit- oder Liquiditätsproblemen der Finanzintermediäre führen oder sich daraus gravierende Störungen an den Finanzmärkten ergeben. Zum anderen sollen die vertraglichen Grundlagen und insbesondere die Regeln und Verfahren der Systeme so gestaltet sein, dass sich Zahlungs- oder Lieferschwierigkeiten einzelner Teilnehmer dieser Finanzmarktinfrastrukturen nicht unkontrolliert auf andere Finanzintermediäre, verbundene Finanzmarktinfrastrukturen oder auf die Finanzmärkte ausbreiten. Die Nationalbank arbeitet zu diesem Zweck mit der FINMA sowie mit ausländischen Aufsichts- und Überwachungsbehörden zusammen.
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Ausfälle und Störungen von IT-Systemen aufgrund von Cybervorfällen können die Verfügbarkeit, Integrität und Vertraulichkeit von Daten sowie kritische Dienstleistungen und Funktionen des Finanzsystems erheblich beeinträchtigen. In erster Linie ist es die Aufgabe der einzelnen Finanzinstitute, sich gegen Cyberrisiken zu schützen. Aufgrund der starken Vernetzung des Finanzsystems und verschiedener institutsübergreifender Prozesse sind aber auch sektorweite Vorkehrungen und Massnahmen notwendig. Dies erfordert zum einen eine enge Zusammenarbeit zwischen den privatwirtschaftlichen Akteuren. Zum anderen leisten auch die Behörden - namentlich der Bund, die FINMA und die Nationalbank - im Rahmen ihrer jeweiligen Mandate einen Beitrag zur Cybersicherheit des Finanzsektors.
In der Schweiz ist das beim Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) angesiedelte Nationale Zentrum für Cybersicherheit (National Cyber Security Centre, NCSC) für die koordinierte Umsetzung der Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyberrisiken verantwortlich. Unter der Leitung des NCSC haben die Behörden (EFD, FINMA und SNB) zusammen mit dem Privatsektor (Banken, Versicherungen, Finanzmarktinfrastrukturen, Branchenverbände) seit 2020 die Grundlagen für den Verein Swiss Financial Sector Cyber Security Centre (Swiss FS-CSC) erarbeitet, der im April 2022 gegründet wurde. Der Verein Swiss FS-CSC ermöglicht einen verbesserten Informationsaustausch über die Gefahrenlage und konkrete Vorfälle. Ferner hilft er bei der Identifikation sowie der Umsetzung von sektorweiten Präventions- und Schutzmassnahmen. Zudem unterstützt der Verein die Akteure des Finanzsektors bei der Bewältigung von systemischen Cybervorfällen und führt regelmässig strategische und operationelle Krisenübungen durch. Die Nationalbank ist Mitglied des Vereins und beteiligt sich in dessen Gremien.
Die SNB verfolgt weitere Projekte (oder beteiligt sich daran), die auf eine Erhöhung der Cybersicherheit abzielen. Das ist insbesondere im Bereich des bargeldlosen Zahlungsverkehrs beim Zahlungssystem SIC der Fall.