Fragen und Antworten zur Umsetzung der Geldpolitik

  • Die Umsetzung der Geldpolitik bildet das dritte Element im geldpolitischen Konzept (siehe Fragen und Antworten zur geldpolitischen Strategie). Die beiden ersten Elemente sind die Definition der Preisstabilität und die bedingte Inflationsprognose. Um Preisstabilität zu gewährleisten, sorgt die Nationalbank für angemessene monetäre Bedingungen. Diese werden durch das Zinsniveau und den Wechselkurs bestimmt. Die Nationalbank legt die Höhe des SNB-Leitzinses fest und kommuniziert dies jeweils in ihrem geldpolitischen Entscheid. Sie strebt an, die besicherten kurzfristigen Geldmarktzinssätze in Franken nahe am SNB-Leitzins zu halten. Der aussagekräftigste dieser Sätze ist der SARON. Bei Bedarf kann die Nationalbank den Wechselkurs oder das Zinsniveau auch mit zusätzlichen geldpolitischen Massnahmen beeinflussen. Zu den geldpolitischen Instrumenten zählen u.a. die Verzinsung von Sichtguthaben, Offenmarktoperationen zur Liquiditätssteuerung am Geldmarkt und Devisenmarktinterventionen.

  • Der SARON (Swiss Average Rate Overnight) ist ein besicherter Tagesgeldzins und basiert auf dem liquidesten Segment am Frankengeldmarkt. Er beruht auf abgeschlossenen Transaktionen und handelbaren Preisstellungen (Quotes) am Interbanken-Repomarkt. Der SARON ist der wichtigste und aussagekräftigste Zins unter den kurzfristigen besicherten Geldmarktzinssätzen in der Schweiz. Er dient als Referenzzinssatz für Finanzprodukte wie Geldmarkthypotheken oder variabel verzinsliche Anleihen.

  • Geldpolitische Instrumente sind Geschäfte, mit denen die Nationalbank ihre Geldpolitik umsetzt. Art. 9 des Bundesgesetzes über die Schweizerische Nationalbank (NBG) legt die Geschäfte fest, welche die Nationalbank am Finanzmarkt tätigen darf. Die Nationalbank unterscheidet zwischen Offenmarktoperationen, stehenden Fazilitäten und weiteren geldpolitischen Instrumenten. Bei den Offenmarktoperationen geht die Initiative zum Geschäftsabschluss von der Nationalbank aus, bei den stehenden Fazilitäten setzt die Nationalbank lediglich die Konditionen fest, zu denen die Geschäftspartner Liquidität beziehen können. Zu den regulären Offenmarktoperationen am Geldmarkt gehören Repogeschäfte und Emissionen von SNB Bills. Devisenswaps (siehe Fragen und Antworten zu den Devisenswaps) und Devisengeschäfte stehen bei Bedarf zur Verfügung. Zu den stehenden Fazilitäten gehören die Innertags- und Engpassfinanzierungsfazilität. Auch die im März 2020 geschaffene temporäre SNB-COVID-19-Refinanzierungsfazilität zählt zu den stehenden Fazilitäten. Ein weiteres geldpolitisches Instrument ist die Verzinsung der Sichtguthaben (siehe Fragen und Antworten zum Repogeschäft und zu den anderen geldpolitischen Instrumenten). Die Einzelheiten dazu sind in den Richtlinien der Schweizerischen Nationalbank über das geldpolitische Instrumentarium bzw. in den entsprechenden Merkblättern festgehalten.

  • Die Nationalbank strebt an, dass die besicherten kurzfristigen Geldmarktzinssätze in Franken nahe am SNB-Leitzins liegen. Im Fokus steht dabei der SARON, der in der Schweiz wichtigste Referenzzinssatz für Finanzprodukte. Die Nationalbank beeinflusst die Geldmarktzinssätze über die Konditionen für die Verzinsung der Sichtguthaben sowie über die Liquiditätssteuerung am Geldmarkt durch liquiditätszuführende oder liquiditätsabschöpfende Geldmarktgeschäfte. Die Wahl des Steuerungsregimes hängt von den geldpolitischen Erfordernissen und der Liquiditätsstruktur des Bankensystems ab. Zur Erfüllung der geld- und währungspolitischen Aufgaben kann die SNB bei Bedarf auch an den Finanzmärkten Fremdwährungen gegen Franken kaufen und verkaufen.

  • Damit eine Bank ihre Zahlungsfähigkeit wahren kann, muss sie jederzeit über genügend Liquidität verfügen. Die liquidesten Aktiven einer Bank sind die Sichtguthaben bei der Nationalbank, da diese unmittelbar für Zahlungen zur Verfügung stehen und gesetzliches Zahlungsmittel sind. Inländische Banken halten Sichtguthaben zur Erfüllung des Mindestreserveerfordernisses. Zudem benötigen Banken Sichtguthaben für den Zahlungsverkehr und als Liquiditätsreserve. Die Nationalbank beeinflusst die Sichtguthaben, indem sie ihre geldpolitischen Instrumente einsetzt. Zwischen den einzelnen Finanzmarktteilnehmern erfolgt der Liquiditätsausgleich über den Geldmarkt. Dabei stellen Banken mit einem kurzfristigen Anlagebedarf anderen Banken mit einem kurzfristigen Refinanzierungsbedarf die Liquidität mittels Krediten zur Verfügung. Die Kreditgewährung kann dabei auf besicherter oder unbesicherter Basis erfolgen. Ist reichlich Liquidität im Finanzsystem vorhanden, sinkt bei den Banken der Bedarf nach einem Liquiditätsausgleich, und die Handelsaktivität am Geldmarkt nimmt ab. Eine abgestufte Verzinsung der Sichtguthaben führt zu einer Belebung des Handels, wenn Institute mit Sichtguthaben über ihrer Limite Geldmarktgeschäfte mit Instituten abschliessen, die ihre Limite nicht ausgeschöpft haben. Ein aktiver und gut funktionierender Geldmarkt ist eine wesentliche Grundlage für die Übertragung der Geldpolitik und die robuste Berechnungsgrundlage des SARON, des bedeutendsten Referenzzinssatzes im Schweizer-Franken-Markt. Eine Störung des Geldmarkts beeinträchtigt den Liquiditätsausgleich zwischen den Finanzmarktteilnehmern und kann die Zahlungsfähigkeit der Banken gefährden.

  • Die Nationalbank veröffentlicht im Rahmen der geldpolitisch wichtigen Daten den Durchschnitt der Franken-Sichtguthaben bei der SNB während der vorangegangenen Woche (jeweils Samstag bis Freitag). Veränderungen im publizierten Wochendurchschnitt können durch unterschiedliche Faktoren getrieben sein.

    Geldpolitische Operationen spielen hierbei eine wichtige Rolle. Wenn die Nationalbank beispielsweise liquiditätszuführende Repogeschäfte abschliesst, steigen die totalen Sichtguthaben. Laufen die entsprechenden Geschäfte aus, verringern sich die Sichtguthaben wieder. Wenn die SNB Fremdwährungen kauft, verkauft sie Franken und erhöht damit die Franken-Sichtguthaben - mit dem umgekehrten Effekt bei Fremdwährungsverkäufen. Auch die weiteren geldpolitischen Instrumente beeinflussen die Sichtguthaben direkt. Instrumente zur Liquiditätsabschöpfung wie SNB Bills oder liquiditätsabschöpfende Repogeschäfte führen zu einer Reduktion der totalen Sichtguthaben. Devisenswaps können zur Zuführung oder zur Abschöpfung von Franken-Sichtguthaben eingesetzt werden. Bei all diesen geldpolitischen Operationen ist zu beachten, dass zwischen dem Handelstag und dem Valutatag einige Tage vergehen können, wobei die Geschäfte die Sichtguthaben erst am Valutatag beeinflussen.

    Auch die Nutzung von stehenden Fazilitäten kann sich auf die Sichtguthaben bei der SNB auswirken. Erfolgen beispielsweise im Rahmen der Covid-19-Refinanzierungsfazilität (CRF) Rückzahlungen durch die Banken, verringert dies die totalen Sichtguthaben - mit dem umgekehrten Effekt im Fall einer stärkeren Nutzung der Fazilität.

    Neben den geldpolitischen Instrumenten können auch weitere Faktoren zu einer Veränderung bei den Sichtguthaben führen. Eine wichtige Rolle spielt hier das Bargeld. Falls der Notenumlauf ansteigt, sinken im selben Mass die Sichtguthaben. Dabei ist zu beachten, dass der Notenumlauf einem saisonalen Muster folgt. Neben der Veränderung des Notenumlaufs können auch andere Faktoren einen Einfluss ausüben. So kann beispielsweise die jährliche Gewinnausschüttung der SNB an Bund und Kantone zu einem Anstieg der totalen Sichtguthaben führen.

  • Die Höhe der totalen Sichtguthaben bei der Nationalbank (Sichtguthaben der inländischen Banken und übrige Sichtguthaben, d.h. die Verbindlichkeiten auf Sicht gegenüber dem Bund, die Sichtguthaben ausländischer Banken und Institutionen sowie die übrigen Sichtverbindlichkeiten) kann nur durch die geldpolitischen Operationen der Nationalbank sowie durch den Tausch gegen Bargeld verändert werden. Reduziert eine Bank ihre Sichtguthaben bei der Nationalbank, fliesst dieser Betrag entweder auf ein anderes Sichtkonto bei der Nationalbank oder in den Notenumlauf. Darum kann die Notenbankgeldmenge, die gemäss Definition aus den Sichtguthaben inländischer Banken und dem Notenumlauf besteht, nur von der Nationalbank verändert werden. Inwieweit die vorhandene Liquidität in den Wirtschaftskreislauf kommt, ist aus dem Wachstum der Kredite und der breiter gefassten Geldmengen (M1, M2 und M3) zu ersehen.

  • Bei geldpolitischen Operationen der Nationalbank sind grundsätzlich alle Banken in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein mit Sichtguthaben bei der Nationalbank als Geschäftspartner zugelassen. Andere inländische Finanzmarktteilnehmer wie Versicherungen sowie Banken mit Sitz im Ausland können als Geschäftspartner bei geldpolitischen Operationen zugelassen werden, sofern dafür ein geldpolitisches Interesse besteht und sie zur Liquidität am besicherten Frankengeldmarkt beitragen.

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