Fragen und Antworten zu Eigenkapital und Verwendung des Gewinns
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Das Eigenkapital der Nationalbank besteht - wie bei jeder Aktiengesellschaft - aus dem Aktienkapital und den einbehaltenen Gewinnen. Das Aktienkapital, das vom Nationalbankgesetz (NBG) auf 25 Mio. Franken festgelegt ist, macht nur einen geringen Teil des Eigenkapitals aus. Die zweite und wichtigste Komponente sind die Rückstellungen für Währungsreserven, die gemäss NBG jährlich aus dem Jahresergebnis alimentiert werden. Sie dienen grundsätzlich dazu, die Währungsreserven auf der geld- und währungspolitisch erforderlichen Höhe zu halten (siehe Fragen und Antworten zur Bilanz der Nationalbank). Neben dieser allgemeinen Reservefunktion wirken die Rückstellungen auch als Puffer gegen alle Arten von Verlustrisiken, insbesondere von Bewertungsverlusten auf den Währungsreserven. Aufgrund der hohen Bilanzsumme der SNB stand dabei in den vergangenen Jahren die Pufferfunktion im Vordergrund. Die dritte Komponente des Eigenkapitals ist die Ausschüttungsreserve. Sie ist sozusagen der Gewinnvortrag und kann auch negativ werden.
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Wie vom NBG vorgegeben, orientiert sich die Nationalbank bei der Festlegung der Zuweisung an der Entwicklung der schweizerischen Volkswirtschaft. Dabei wird das durchschnittliche Wachstum des nominalen Bruttoinlandprodukts (BIP) der vorangegangenen fünf Jahre als Grundlage für die Berechnung des prozentualen Wachstums der Rückstellungen herangezogen. Die Nationalbank erhöhte 2009 angesichts gestiegener Bilanzrisiken die Zuweisung an die Rückstellungen auf das Doppelte des nominalen Wirtschaftswachstums. 2016 wurde eine jährliche Mindestzuweisung eingeführt, in Höhe von 8% der bereits bestehenden Rückstellungen. Damit wird auch in Perioden mit tiefen nominalen BIP-Zuwachsraten sichergestellt, dass die Rückstellungen ausreichend alimentiert werden und die Bilanz gestärkt wird. Seit 2020 beträgt die jährliche Mindestzuweisung 10% des Bestands der Rückstellungen. Die SNB kann aus Risikoüberlegungen die Regeln für die Zuweisungen an die Rückstellungen anpassen. In den Jahren 2016 bis 2022 gelangte stets die Mindestzuweisung zur Anwendung. Die SNB strebt damit eine robuste Bilanz an mit einem Eigenkapital, das auch hohe Verluste in einzelnen Jahren auffangen kann.
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Der nach der Zuweisung an die Rückstellungen für Währungsreserven verbleibende Teil des Jahresergebnisses ist der ausschüttbare Gewinn (Art. 30 Abs. 2 NBG). Er bildet zusammen mit der Ausschüttungsreserve den Bilanzgewinn bzw. den Bilanzverlust (Art. 31 NBG). Liegt ein Bilanzgewinn vor, wird dieser für die Ausschüttungen herangezogen. Das NBG sieht vor, vom Bilanzgewinn eine Dividende von höchstens 6% des Aktienkapitals auszurichten, worüber die Generalversammlung auf Antrag des Bankrats entscheidet (siehe Fragen und Antworten zum Unternehmen Nationalbank). Soweit der Bilanzgewinn die Dividende übersteigt, steht er grundsätzlich für die Ausschüttung an die öffentliche Hand zur Verfügung. Die Ausschüttung geht zu einem Drittel an den Bund und zu zwei Dritteln an die Kantone. Die Höhe der jährlichen Ausschüttung an Bund und Kantone wird in einer Vereinbarung zwischen dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) und der Nationalbank festgehalten. Angesichts der stark schwankenden Erträge der Nationalbank sieht das NBG eine Verstetigung der Ausschüttungen vor. Deshalb wird in der Vereinbarung eine Glättung der Ausschüttung über mehrere Jahre festgelegt und in der Bilanz der Nationalbank eine Ausschüttungsreserve geführt.
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Voraussetzung für eine Dividendenzahlung ist, dass ein ausschüttbarer Gewinn vorliegt. In den Geschäftsjahren 2013 und 2022 war dies nicht der Fall. Deshalb musste die Nationalbank für diese Geschäftsjahre auf die Zahlung einer Dividende verzichten.
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Die Nationalbank hat einen öffentlich-rechtlichen Auftrag. Aufgrund dieses Auftrags hat sie das Notenmonopol inne, dank dem sie im langfristigen Durchschnitt Gewinne erwirtschaftet. Diese Gewinne stehen - soweit sie nicht für die Rückstellungen für Währungsreserven benötigt werden - nach Ausrichtung der Dividende der öffentlichen Hand zu. Artikel 99 der Bundesverfassung legt fest, dass mindestens zwei Drittel dieses Reingewinns an die Kantone gehen. Das NBG hält fest, dass das andere Drittel an den Bund fällt.
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Das NBG sieht vor, dass das EFD und die Nationalbank für einen bestimmten Zeitraum die Höhe der jährlichen Gewinnausschüttung an Bund und Kantone vereinbaren, wobei die Kantone vorgängig informiert werden. Die Gewinnausschüttungsvereinbarung für die Geschäftsjahre 2020 bis 2025 legt eine maximale jährliche Ausschüttung von 6 Mrd. Franken fest, sofern es die finanzielle Situation der SNB zulässt. Der Rest des ausschüttbaren Jahresgewinns wird der Ausschüttungsreserve zugewiesen und steht für allfällige künftige Ausschüttungen zur Verfügung.
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Ja. Die Gewinnausschüttungsvereinbarung 2020 bis 2025 knüpft die Höhe der Ausschüttung an Bund und Kantone an den Bilanzgewinn. Der maximale Betrag von 6 Mrd. Franken wird nur ausgeschüttet, wenn sich der Bilanzgewinn auf mindestens 40 Mrd. Franken beläuft. Bei einem Bilanzgewinn zwischen 30 Mrd. und 40 Mrd. Franken werden 5 Mrd. Franken ausgeschüttet, zwischen 20 Mrd. und 30 Mrd. Franken 4 Mrd. Franken und zwischen 10 Mrd. und 20 Mrd. 3 Mrd. Franken. Bei einem Bilanzgewinn von unter 10 Mrd. werden maximal 2 Mrd. Franken ausgeschüttet, wobei die Ausschüttung zusammen mit der Dividende nicht zu einer negativen Ausschüttungsreserve führen darf. Im Fall eines Bilanzverlustes - wie im Geschäftsjahr 2022 - erfolgt keine Ausschüttung.
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Zum einen sieht das NBG wie oben erwähnt angesichts der stark schwankenden Erträge der Nationalbank eine Verstetigung der Ausschüttungen vor. Eine gut dotierte Ausschüttungsreserve wirkt als Puffer, so dass Bund und Kantone nur selten mit der Situation konfrontiert sind, in der die SNB nichts ausschütten kann. Zum anderen kann die Nationalbank zwar einen Gewinn an Bund und Kantone ausschütten, aber bei einem Verlust kein Geld zurückfordern. Würde jeweils der ganze Bilanzgewinn ausgeschüttet, fiele daher das Eigenkapital der SNB bei Verlusten unter das angestrebte Niveau.
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Bei der Verteilung an die Kantone wird die Wohnbevölkerung der Kantone berücksichtigt, die Einzelheiten werden in einer bundesrätlichen Verordnung geregelt. Auf die Verwendung ausgeschütteter Gewinne durch die Kantone und den Bund hat die Nationalbank keinen Einfluss.
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Die Zuweisung an die Rückstellungen für Währungsreserven erfolgt unabhängig vom Jahresergebnis. Im Falle eines Verlustes - oder eines nicht genügend hohen Gewinns - wird durch die Zuweisung die Ausschüttungsreserve entsprechend belastet. Die Ausschüttungsreserve kann demnach auch negativ werden, wie dies nach den Geschäftsjahren 2013 und 2022 geschehen ist.
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Die Nationalbank hat gemäss Bundesverfassung eine Geld- und Währungspolitik im Gesamtinteresse des Landes zu führen. Das Erzielen und Ausschütten von Gewinnen ist hingegen nicht Zweck der Nationalbank. Geldpolitische Operationen wirken sich direkt auf die Bilanz der Nationalbank aus. Der Vorrang der Geldpolitik bedeutet, dass die Länge und die Struktur der Bilanz im Dienste der Geldpolitik stehen (siehe Fragen und Antworten zur Verwaltung der Anlagen). Die Aktiven der Nationalbank bestehen zum grössten Teil aus Gold und Devisenanlagen. Sie werden zum Marktpreis bewertet. Daher hängt das Ergebnis der Nationalbank überwiegend von der Entwicklung der Gold-, Devisen- und Kapitalmärkte ab und unterliegt grossen Schwankungen. Mit einer längeren Bilanz werden diese Schwankungen in absoluten Beträgen naturgemäss grösser.
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Die konsequente Erfüllung des geldpolitischen Auftrags kann in bestimmten Situationen dazu führen, dass die Nationalbank das Risiko massiver Verluste in Kauf nehmen muss, die ihr Eigenkapital vorübergehend negativ werden lassen. In der Bilanz würde sich dies in einer negativen Ausschüttungsreserve spiegeln, deren Höhe die Rückstellungen für Währungsreserven und das Aktienkapital in absoluten Zahlen übersteigen würde. Ein solcher Zustand wäre wahrscheinlich nur vorübergehend, da bei einer Zentralbank aufgrund ihres strukturellen Gewinnpotenzials in der Regel über die Zeit Überschüsse anfallen.
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Die Aktiven der Nationalbank werfen - wie bei einem anderen Unternehmen auch - Erträge ab. Die Finanzierung der Aktiven ist für eine Zentralbank dank dem Notenmonopol jedoch mit einem sehr bescheidenen Aufwand verbunden. Damit unterscheidet sie sich grundsätzlich von anderen Unternehmen. Die Emission der Banknoten kostet einen vernachlässigbaren Bruchteil von deren Nennwert. Dagegen entstehen Kosten, wenn die Girokonten der Banken bei der Nationalbank positiv verzinst werden. In der langen Frist übersteigen die Gewinne auf der Aktivseite in der Regel jedoch die Finanzierungskosten. Dieses Einkommen der Notenbanken wird als Seigniorage bezeichnet.
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Nein. Die Nationalbank ist aufgrund ihrer Kapazität zur Geldschöpfung in eigener Währung stets zahlungsfähig, weil sie theoretisch unlimitiert über offizielle Zahlungsmittel verfügt. Daher ist die Nationalbank auch bei vorübergehend negativem Eigenkapital vollumfänglich handlungsfähig, d.h., sie kann ihren geldpolitischen Auftrag jederzeit erfüllen. Zudem besteht bei negativem Eigenkapital für die Nationalbank kein rechtlicher Zwang zur Sanierung, geschweige denn zur Liquidation. Es gibt auch keine Nachschusspflicht für die Aktionärinnen und Aktionäre der Nationalbank.
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Falls eine Zentralbank während langer Zeit über ein negatives Eigenkapital verfügt, kann sie ihre Glaubwürdigkeit an den Märkten verlieren. Damit wäre sie im Extremfall nicht mehr in der Lage, ihren geldpolitischen Auftrag uneingeschränkt wahrzunehmen. Es wäre daher ein zentrales Anliegen der Nationalbank, nach Verlusten als erstes ihr Eigenkapital wieder aufzubauen. Die Nationalbank trägt grundsätzlich dafür Sorge, ihr Eigenkapital zu stärken, damit sie auf lange Sicht ihren Auftrag erfüllen kann.