Fragen und Antworten zur Unabhängigkeit der Nationalbank und ihrem Verhältnis zum Bund

  • Die Bundesverfassung (BV) bestimmt, dass die Nationalbank als unabhängige Zentralbank eine Geld- und Währungspolitik im Gesamtinteresse des Landes zu führen hat (Art. 99 Abs. 2 BV). Die Unabhängigkeit der Nationalbank umfasst vier Aspekte, die im Nationalbankgesetz (NBG) konkretisiert sind: die funktionelle, die finanzielle, die institutionelle und die personelle Unabhängigkeit. Die finanzielle, institutionelle und personelle Unabhängigkeit schaffen die Grundlage, dass die funktionelle Unabhängigkeit auch in der Praxis gesichert ist.

  • Die funktionelle Unabhängigkeit besteht im Verbot für die Nationalbank und ihre Organe, bei der Wahrnehmung der geld- und währungspolitischen Aufgaben Weisungen von Bundesrat, Bundesversammlung oder anderen Stellen einzuholen oder entgegenzunehmen (Art. 6 NBG). Folglich werden die geldpolitischen Entscheide allein vom Direktorium getroffen - dem gemäss NBG dafür zuständigen und verantwortlichen Organ (siehe Fragen und Antworten zum Unternehmen Nationalbank).

  • Nein. Erstens ist die vom Gesetzgeber verliehene Unabhängigkeit nicht absolut, sondern bezieht sich nur auf die Erfüllung des ebenfalls vom Gesetzgeber erteilten Auftrags. Zweitens verpflichtet das NBG die Nationalbank - konkret das Direktorium -, als Gegengewicht zur Unabhängigkeit gegenüber der Bundesversammlung und dem Bundesrat Rechenschaft abzulegen und Informationspflichten wahrzunehmen (Art. 7 NBG). Der Bundesversammlung stellt die Nationalbank jährlich einen schriftlichen Bericht (Rechenschaftsbericht) über die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben zu. Sie erläutert zudem ihre Geldpolitik vor den zuständigen parlamentarischen Kommissionen. Mit dem Bundesrat erörtert die Nationalbank die Wirtschaftslage, die Geld- und Währungspolitik sowie aktuelle Fragen der Wirtschaftspolitik des Bundes. Bundesrat und Nationalbank informieren einander vor Entscheidungen von wesentlicher wirtschafts- und geldpolitischer Bedeutung über ihre Absichten.

  • Zum einen findet eine regelmässige Aussprache zwischen Teilen des Bundesrats und dem Direktorium der Nationalbank statt, an der die allgemeine Wirtschaftslage und weitere Fragen von gegenseitigem Interesse erörtert werden. Zum anderen empfängt der Bundesrat die Präsidentin oder den Präsidenten der Nationalbank jeweils gegen das Jahresende hin an einer seiner Sitzungen zu einem Meinungsaustausch. Zudem finden zu Themen von gemeinsamem Interesse (beispielsweise Internationaler Währungsfonds) bilaterale Kontakte zwischen Bundesräten und den Mitgliedern des Direktoriums statt. Die gegenseitige Unterrichtung und der Austausch zwischen Bundesrat und Nationalbank sind vertraulich.

  • Die Nationalbank orientiert die Öffentlichkeit durch Medienmitteilungen und an Medienkonferenzen über ihre geld- und währungspolitischen Entscheide sowie über die Bilanzentwicklung. Daneben veröffentlicht sie eine Vielzahl von Publikationen, die der Geld- und Währungspolitik, der Finanzstabilität, der Anlage der Aktiven, der Statistik, ihrer Forschung und weiteren Themen gewidmet sind. Im Geschäftsbericht legt die Nationalbank Rechenschaft über die Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags ab und stellt ausführliche Informationen über ihre Tätigkeit und ihre Bilanz zur Verfügung. Die Leitung der Nationalbank nimmt regelmässig in Referaten und Interviews Stellung zu aktuellen und grundsätzlichen Fragen der Geldpolitik. Indem die Nationalbank ihre Politik erklärt und über die getroffenen Entscheide und deren Folgen Rechenschaft ablegt, macht sie ihre Tätigkeit transparent. Auch die Rechtsform der spezialgesetzlichen Aktiengesellschaft mit Börsenkotierung verpflichtet die Nationalbank zu einer hohen Transparenz. Das gesamte Informationsangebot ist auf der Website www.snb.ch abrufbar.

  • Der Gesetzgeber hat der Nationalbank die Unabhängigkeit verliehen, weil unabhängige Zentralbanken in der Regel die Preisstabilität besser sichern. Dies zeigt zum einen die historische Erfahrung: Zentralbanken, die direkt von der Regierung abhängig sind, laufen eher Gefahr, das Ziel der Preisstabilität aus den Augen zu verlieren. Zum anderen stützen auch wissenschaftliche Untersuchungen diesen Befund. Zu beachten ist zudem, dass der Zeithorizont von Politik und Zentralbanken oft unterschiedlich ist. Es kann lange dauern, bis die Wirkung geldpolitischer Entscheide sichtbar wird. Preisstabilität wiederum ist so wichtig, weil sie eine wesentliche Voraussetzung für eine langfristig gedeihliche Wirtschaftsentwicklung bildet (siehe Fragen und Antworten zur geldpolitischen Strategie).

  • Die finanzielle Unabhängigkeit umfasst zwei Elemente. Erstens verfügt die Nationalbank über die Budgetautonomie, die sich unter anderem aus ihrer Rechtsform als spezialgesetzliche Aktiengesellschaft ergibt. Zweitens gilt das Verbot der Kreditgewährung an den Bund (Art. 11 Abs. 2 NBG), womit dem Staat der direkte Zugriff auf die Notenpresse verwehrt ist.

  • Die Nationalbank hat den Auftrag, Preisstabilität zu gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen. Die Erfahrung zeigt, dass eine Zentralbank diesen Auftrag besser erfüllen kann, wenn sich der Staat nicht über die Geldschöpfung der Notenbank finanzieren darf, da es sonst zu Interessenkonflikten kommen könnte. Sollte zur Gewährleistung der Preisstabilität zum Beispiel eine Zinserhöhung notwendig sein, gleichzeitig der Staat aber mehr Geld benötigen, könnten diese beiden Interessen miteinander in Konflikt geraten, wenn die Zentralbank nicht vom Staat unabhängig ist.

  • Die Nationalbank darf keine staatlichen Schuldtitel von Bund, Kantonen und Gemeinden aus Emissionen erwerben. Sie kann jedoch am Sekundärmarkt solche Anleihen kaufen. Per Ende 2023 hatte die Nationalbank 840 Mio. Franken an Obligationen der Eidgenossenschaft in ihren Büchern, was 1,2% des Gesamtbetrags der ausstehenden Bundesobligationen entsprach.

  • Nein, das heisst es nicht. Das NBG legt fest, dass die Nationalbank dem Bund Bankdienstleistungen erbringen kann (Art. 11 Abs. 1 NBG). Sie wird deswegen auch als Bankier oder Bank des Bundes bezeichnet. So nimmt die Nationalbank zum Beispiel für den Bund Zahlungen vor. Dieser Zahlungsverkehr des Bundes mit dem In- und Ausland wird über die Sichtkonten in Franken und Fremdwährungen abgewickelt, welche die Nationalbank für den Bund führt. Die Nationalbank erbringt diese Bankdienstleistungen grundsätzlich gegen ein angemessenes Entgelt, jedoch unentgeltlich, wenn sie die Durchführung der Geld- und Währungspolitik erleichtern.

  • Die Nationalbank emittiert im Auftrag und auf Rechnung des Bundes dessen Geldmarktbuchforderungen und Anleihen. Sie wirkt auch als Zahlstelle für Coupons und Rückzahlungen von Bundesanleihen und Geldmarktbuchforderungen. Zudem führt die Nationalbank für den Bund Wertschriftendepots und schliesst in dessen Auftrag Geldmarkt- und Devisengeschäfte ab.

  • Die institutionelle Unabhängigkeit kommt in der Ausstattung der Zentralbank mit eigener Rechtspersönlichkeit und eigener Organisation zum Ausdruck. Die personelle Unabhängigkeit der Nationalbank wird dadurch gesichert, dass die Mitglieder des Direktoriums und ihre Stellvertreterinnen und Stellvertreter während ihrer Amtsdauer nur abberufen werden können, wenn sie die Voraussetzungen für die Ausübung des Amtes nicht mehr erfüllen oder eine schwere Verfehlung begangen haben. Zudem ist die Amtsdauer mit sechs Jahren vergleichsweise lang.

  • Der Bund kann dadurch keinen Einfluss auf die Entscheide des Direktoriums nehmen. Er kann somit nicht Mitglieder des Direktoriums durch Personen ersetzen, die sich nach seinem Willen richten, wenn er beispielsweise mit einem Direktoriumsentscheid nicht einverstanden ist. Auch bei der Wahl der Mitglieder des Direktoriums kann der Bundesrat nur auf Vorschlag des Bankrats entscheiden. Die gesetzlich festgelegte personelle Unabhängigkeit der Nationalbank trägt somit dazu bei, dass die funktionelle Unabhängigkeit in der Praxis gesichert ist.

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